Jonas empfiehlt: Semester at Sea

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Jonas kurz vor der Abfahrt in San Diego

Es ist soweit. Die Planungen für meinen lang angekündigten Traum – das Semester at Sea – gehen in die letzte Phase. Vielleicht habt ihr von Semester at Sea noch nie gehört, dann möchte ich euch das Programm gerne einmal vorstellen!

Das Semester at Sea ist ein Auslandssemester an der University of Colorado. Es ist ein besonderes Programm, da man dabei ca. vier Monate lang mit einem Kreuzfahrtschiff um die Welt fährt. Wirklich um die Welt? Fast zumindest, die Stationen meiner Reise sind San Diego – Hawaii – Japan – China – Vietnam – Myanmar – Indien – Mauritius – Südafrika – Ghana – Marokko – Hamburg.

Jonas Reiseroute. Quelle: Semester at Sea

Die dort angebotenen Kurse sollen eine globale Ansicht zu verschiedenen Themen vermitteln, indem man verschiedene Länder miteinander vergleicht. Ich belege z.B. »Food and Society« – ein Kurs, bei dem man die Esskulturen der verschiedenen Länder vergleicht. Wir analysieren, welche Auswirkungen diese auf die Kultur des Landes haben. »Leadership and Organizational Patterns« eröffnet mir die Möglichkeit, verschiedene Führungsstile und Organisationsstrukturen der bereisten Länder kennenzulernen und kritisch zu hinterfragen.

Du merkst vielleicht schon: Es hat nicht ganz so viel mit Informatik zu tun, wie sich der ein oder andere erhoffen mag. Das ist aber auch nicht der Ansatz. Zum einen steht uns auf dem Schiff kaum Internet zur Verfügung (#DigitalDetox). Zum anderen geht es darum, sich auch mal mit anderen Dingen zu beschäftigen, die man schon immer mal kennenlernen wollte. Gerade im Bereich Informatik ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, über den Tellerrand hinauszuschauen. Denn gerade die Digitalisierung ist ein großer Treiber der Globalisierung. Damit ist es umso wichtiger, eine globale Perspektive zu erhalten, die sich nicht nur auf Informatik beschränkt. So reichen die Kurse von Ozeanographie über Reisefotografie bis hin zu Literaturwissenschaften. Die dafür rekrutierten Professoren sind engagierte, weltoffene Leute. Nicht ohne Grund: Das Semester als Professor zu begleiten gilt als äußerst attraktiv. Somit haben die Organisatoren einen großen Pool von Dozenten, aus denen sie sich die besten aussuchen. Attraktiv ist es für sie aufgrund der Möglichkeit, die Welt zu bereisen, dafür Geld zu bekommen und ihre ganze Familie mitnehmen zu können. Man isst durchaus auch zusammen zu Abend und kommt in sehr engen Kontakt mit den Professoren. Wie ich von Alumni gehört habe, kann diese Beziehung besonders hilfreich sein, sollte man mal für ein Auslandssemester oder sein Studium ein Empfehlungsschreiben brauchen.

Warum ist ein Semester at Sea sinnvoll, mal abgesehen davon, dass es ein geiles Erlebnis ist?

Weltperspektive

Nehmen wir an du studierst und warst bisher wenig oder noch gar nicht im Ausland. Außerdem bist du dir nicht wirklich sicher, was du später einmal machen willst. Dann kann ich dir, wie denke ich alle, die bisher längere Zeit im Ausland waren, empfehlen: Geh ins Ausland! Ich habe mit 16 Jahren ein Jahr bei einer Gastfamilie in Venezuela gewohnt. Aus dieser Erfahrung, kann ich dir Folgendes sagen:
In einem Auslandssemester wirst du:

  • Sehr viele neue Einblicke in andere Kulturen und Lebensweisen erhalten
  • Voraussichtlich sehr viel Zeit finden, in der du über dich selbst nachdenken kannst, um zu wissen, wer du bist und wohin du in deinem Leben willst
  • Viele neue Freunde auf der ganzen Welt finden, die du später gerne besuchen wirst
  • Dich raus aus deiner Comfort Zone bewegen und neue Sachen ausprobieren
  • Eine neue Sprache lernen oder verbessern
  • Dein Verständnis der eigenen Kultur und Gesellschaft schärfen
  • Wenn du willst, die deutsche Kultur auch an andere Orte der Welt bringen

Speziell vom Semester at Sea erhoffe ich mir:

  • Einen kurzen Einblick in viele Länder
  • Einen tiefen Einblick in die amerikanische Mentalität zu bekommen, da ca. 80 % der Leute an Bord aus den USA sind. Wo lernt man sonst Leute besser kennen als auf einem Schiff? (abgesehen von einem steckengebliebenen Aufzug vielleicht)
  • Die Möglichkeit, viele Länder in kurzer Zeit zu vergleichen und zu wissen wo ich später noch einmal hin möchte. Es sind nicht nur Länder, die besonders verschieden in Mentalität und Kultur sind, sondern auch in Infrastrukturen (Entwicklungsländer, Schwellenländer, Industrienationen)
  • Wenig organisatorischen Mehraufwand, da das meiste schon vorbereitet ist
  • Verständnis für Probleme aus anderen Ländern zu bekommen

Koste es was es wolle, ich will das auch machen!

Connections

Dadurch, dass auf dem Schiff 450 Studenten, viele Professoren und sogenannte Lifelong Learners sind, kannst du zu vielerlei Leuten eine Verbindung aufbauen.

Zu Studenten

Diese Leute werden dich prägen und eventuell Freunde fürs Leben werden. Wer weiß, vielleicht besorgen sie dir später ja auch deinen ersten Job?

Zu Professoren

Die Professoren sind generell sehr weltoffen und haben schon viel erlebt. Sie können dich beraten, was du als nächstes in deiner akademischen Laufbahn machen solltest. Zusätzlich haben sie vermutlich viele Kontakte für eventuelle Praktika. Vielleicht schreiben sie dir ja auch ein super Empfehlungsschreiben?

Zu Lifelong Learners

Das sind Leute, die schon länger im Job sind und sich die Zeit nehmen, auch einmal die Welt zu bereisen. Dabei können sie genauso Module besuchen und mit jungen Leuten in Dialog treten. Auf dem Schiff gibt es auch ein »Ship family program«. Hier bekommst du, wenn du willst, einen Schiffspapa- oder eine Schiffsmama zugewiesen. Deine »Eltern« werden mit dir vermutlich gerne in Gesprächen deinen Horizont erweitern. Vielleicht geben sie dir auch ein gutes Essen auf dem Schiff aus?

Institutionen

Du wirst auf deiner Reise vielen Institutionen begegnen. Dies kann in Form von Non Governmental Organizations (NGOs) sein, die bei einem Ausflug dabei sind oder ihn organisieren. Auch kommen Gastdozenten der einzelnen Länder auf das Schiff, die häufig Diplomaten oder berühmte Persönlichkeiten sind. Vielleicht inspirieren sie dich ja im jeweiligen Land ein Projekt zu starten?

MV Explorer
Eines der früheren Schiffe von Semester at Sea. Inzwischen fährt die ehemalige MS Deutschland (bekannt aus dem Traumschiff) als MV World Odyssey quer über die Weltmeere. Quelle: Brian Burnell/Wikipedia, CC BY-SA 3.0

Karriere

Du fragst dich vielleicht, wie das Semester at Sea auf deinem Lebenslauf erscheint? Zunächst einmal erscheint es wie ein reguläres Auslandssemester an der University of Colorado. Du bekommst auch ein reguläres Transcript of Records mit belegten Kursen. Sonst kannst du aber auch dazuschreiben, dass es das Semester at Sea war, was erfahrungsgemäß bei Personalern ganz gut ankommt. Dies ist schon allein der Tatsache geschuldet, dass es schlichtweg hochinteressant ist. Wie sonst könntest du gut aus einer Menge von Leuten herausstechen? Ein Semester-at-Sea-Alumnus hat mir erzählt, dass es in seinem Bewerbungsgespräch ausschließlich um sein Semester at Sea ging.

Wie bin ich darauf gekommen und warum hat man noch nichts davon gehört?

Glück und Ami-Zeug, um es kurz zu sagen. Ich bin vor einem Jahr jemandem auf einer Pitching Competition begegnet, der das Semester at Sea schon gemacht hatte. Nach unserem Gespräch dachte ich: »Das klingt so abgefahren und cool, das will ich auch machen.« Im Juni des letzten Jahres bin ich dann zum Entschluss gekommen, meinen Traum endlich umzusetzen. Daher habe ich mit den Planungen begonnen, um es noch irgendwie in mein Bachelor-Studium zu integrieren. Ich habe über alle meine Netzwerke angefragt, ob jemand jemanden kennt, der das Semester at Sea schonmal gemacht hatte. Ich bekam immerhin zwei Antworten. Von da aus habe ich mich von Kontakt zu Kontakt gehangelt. Jeden Alumnus habe ich jeweils ca. 3 – 6 Stunden über Skype ausgequetscht. Nach elf Gesprächen mit deutschen Semester-at-Sea-Alumni war ich mir sicher: Koste es was es wolle, ich will das auch machen!

Koste es was es wolle? Wie läuft das überhaupt mit der Finanzierung?

Der Programmpreis ist sehr happig und variiert mit der Kabine, in der man wohnt. Von einer Inside Triple Kabine bis zu einer Outside Single Kabine, hat man schnell einen Preisunterschied von $ 10.000. Im Programmpreis sind Field Trips, die man mit seinen Kursen macht (#Kursfahrt), die Unterkunft, Verpflegung und Studiengebühren enthalten. Der Programmpreis für eine Inside Triple Kabine, lag bei mir bei $ 23.950. Dies klingt zugegebenermaßen nicht gerade motivierend. Insbesondere für Leute, die sonst BAföG bekommen und es schon schwer haben, ihr Studium so zu finanzieren. Doch es gibt Hoffnung. Es gibt Stipendien! Sowohl aus Deutschland als auch aus den USA.

In Deutschland hat man sehr viel Glück, sollte man bei einem Begabtenförderungswerk sein. Diese dürfen laut Richtlinie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Studiengebühren für einen Auslandsaufenthalt in Höhe von 10.000 € übernehmen. Jede Stiftung regelt das anders. Als Beispiel übernimmt die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit 800 € pro Monat plus Auslandszuschlag und Reisekostenzuschuss. Außerdem gibt es die Möglichkeit, sich auf das PROMOS-Stipendium an seiner Uni zu bewerben. Dieses fördert explizit kurzzeitige Auslandsaufenthalte mit insgesamt bis zu 4.000 €. Auch gibt es Aussicht auf Auslands-BAföG und Unterstützung von der lieben Familie.

In den USA kann man sich bei Semester at Sea direkt auf eine Reduktion der Studiengebühren bewerben. Es stehen zur Auswahl verschiedene Stipendien: Alumni-, Internationals-, Need Based Grant-, Merit Based Grant-, Impact- und Workstudy-Stipendium.

Das klingt doch schon einmal nicht so schlecht, oder? Gerade wenn man bedenkt, dass Alumni-, Internationals- und Need-Based-Grant-Stipendien jeweils mit bis zu $10.000 gefördert werden. Jetzt mögen sich viele denken, sie seien nicht gut genug für Stipendien. Falsch! Die eben genannten Stipendien sind teilweise oder vollständig abhängig vom Einkommen der Eltern. Damit haben gerade Studenten, die BAföG beziehen, die Möglichkeit, einen Großteil der Programmgebühren finanziert zu bekommen.

Ich persönlich habe es letztendlich auch irgendwie hinbekommen. Von Semester at Sea habe ich das Need-Based-Grant-, Workstudy- und Merit-Based-Grant-Stipendium bekommen – insgesamt 10.250 $. Von der Naumann Stiftung insgesamt ca. 6.000 €, was zusammen ca. 17.000 $ – 18.000 $ je nach aktuellem Dollar-Euro-Kurs macht. Als Schlafraum habe ich eine der nicht auf der Internetseite publizierten Economy-Kabinen bekommen. Diese werden erst nach Stipendienvergabe zugewiesen. Dadurch liegt der Programmpreis für mich bei 21.950 $. Als Betrag, der übrig bleibt, steht »nur noch« ca. 4.000 €. Was sich finanzieren lässt durch:

  • mein Erspartes
  • Geburtstag
  • Weihnachten
  • Unterstützung meiner Eltern und Großeltern

Klingt doch gar nicht mehr so surreal?

Klar, jetzt wird der ein oder andere sagen: Aber was ist mit Reisekosten im Land? Die Kosten im Land sind je nachdem was man macht sehr niedrig bis sehr hoch. Wenn man häufiger auf dem Schiff ist und isst, kommt man laut Angaben vorheriger Teilnehmer auch gut mit ca. 400 € pro Monat aus. Dies sollte nicht mehr sein, als das was man jetzt schon sowieso pro Monat ausgibt.

Überzeugt, ich bin dabei! Was muss ich jetzt machen oder beachten?

Informieren

Du solltest dich etwas einlesen in das Programm. Dazu kannst du dir einfach online die Webseite angucken und ein bisschen stöbern. Wenn es für dich in Frage kommt, mach einfach mal die Bewerbung fertig. Du kannst problemlos bis zur Stipendiumsvergabe noch zurücktreten. Die Bewerbung dauert auch nicht lange (Das längste davon ist ein 300-Wort-Essay, was aber nicht groß bewertet wird). Jetzt bist du frühzeitig im Pool von Bewerbern. Das hat folgende Vorteile:

  • Du hast den Anreiz, dich mit dem Thema zu beschäftigen und eventuell mit der Planung anzufangen.
  • Deine Eltern glauben dir, dass du es wirklich machen willst. Es erscheint einfach offizieller wenn du einmal angenommen bist (Angenommen zu werden ist kein großes Problem. Ich weiß von keinem Deutschen, der nicht angenommen wurde. Semester at Sea möchte immerhin in Zukunft mehr internationale Studenten haben).
  • Du wählst schon deine Kabine. Dadurch hast du die höchsten Chancen, eine günstige Kabine zu bekommen und noch die volle Auswahl zu haben.
  • Du entgehst dem Stress, alles auf den letzten Drücker zu machen.
  • Du kannst später sagen, ich habe es immerhin probiert und muss nichts bereuen.

Als nächstes kannst du dich um Stipendien kümmern. Du solltest dich einfach auf das Need-Based-Grant-Stipendium bewerben. Es wird allein aufgrund der finanziellen Situation deiner Eltern vergeben. Es macht vermutlich einen nicht ganz unbeachtlichen Teil deines späteren Gesamtstipendiums aus. Zusätzlich ist es ein guter Indikator für deine Chancen, das Semester finanziert zu bekommen. Die Bewerbung ist denkbar einfach. Du musst nur Gehaltsnachweise deiner Eltern ohne kompliziertes Bewerbungsschreiben schicken. Hier kannst du mich auch gerne noch einmal fragen, was es dann genau zu tun gibt. Mich würde es sehr freuen, solltest du es bis dahin geschafft haben.

Wenn du jetzt wissen willst, was es noch zu beachten gibt oder wie das ganze weitergeht: Frag mich einfach! Wenn es viele Leute sind, mache ich dazu auch gerne einmal einen neuen Artikel oder einen Infoabend.

Der Grund, warum du dich auch jetzt schon mit dem Thema beschäftigen solltest, ist ganz einfach. Das Semester at Sea ist speziell nur für Bachelorstudenten! Damit sind auch alle Studenten dort ca. 20-21 Jahre alt.

Also was hält dich noch: Your once in a lifetime is now!

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