Eine neue Stimme im Chor

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„Wir fahren zu einem Hackathon“, sagte Deus und strahlte mich an. Für alle, die Deus nicht kennen, er ist der tapfere Betreuer von Veranstaltungen des Fachgebiets Baudisch, um den immer „Soja“ geflüstert wird. Viel wichtiger: Er ist nicht Mitglied des Zeitungsklubs. Ironischerweise begann genau damit meine Reise in den Zeitungsklub. Ich möchte den Start dieser Kolumne dazu nutzen, euch diese Geschichte zu erzählen.

Deus kocht in seinem besten Anzug

Ich saß vor etwa neun Monaten im Poolraum, arbeitete an meinem Seminarprojekt und stieß zufällig auf Deus und Lukas, zwei langjährige Freunde. Wie immer, wenn man auf die beiden stößt, heckten sie auch wieder hier Pläne aus, die meistens nichts Gutes bedeuten. Vorsichtig fragte ich also: „Was macht ihr da?“. „An unserem Projekt arbeiten.“, schloss ich da als Antwort bereits vollkommen aus. „Wir drucken Karten aus.“, kam es von beiden wie aus einem Munde zurück. Auch hier wieder bewunderte ich ihr Talent, Aufgaben wie Drucken so aussehen zu lassen, als ob dafür komplett neue und innovative Softwarelösungen erstellt werden müssten. Nachdem also Deus aus dem Raum rauschte, um den Drucker zu beaufsichtigen, ergatterte ich die Möglichkeit, Lukas, ein tatsächliches Mitglied des Zeitungsklubs, in Smalltalk zu verwickeln.

Spitzkopf Lukas entdeckt den Hengst in sich

Neben den üblichen Dingen, die man halt so beim Smalltalk lernt (zum Beispiel, dass ein Objekt immer eine Instanz einer Klasse ist), erfuhr ich auch, dass es eine neue Freundesgruppe an der Uni gab. Meiner Neugier und Prokrastination nachgebend fragte ich natürlich nach, wer diese „Klubgruppe“ sein sollte. Ich bekam natürlich lauter mir unbekannte Namen um die Ohren gehauen. Deus, der inzwischen von seiner Pilgerreise zum Papierschwärzer zurück war, rief noch beim Reinkommen durch den Raum: „Zeig ihm die Bilder!“. Mir wurde daraufhin eine Kollektion von Photoshops und Videos dieser unbekannten Personen, überwiegend von einem Mädchen mit einer Kurzhaarfrisur, gezeigt. Natürlich verstand ich keinen dieser Insiderwitze, aber die anderen Beiden konnten sich vor Lachen kaum halten. „Wir spielen heute Abend Mario Kart“, sagte Deus und schaute mich an. Ich wartete einen Moment, ob noch eine Einladung kam. Nach ein paar Sekunden peinlichen Schweigens frage ich schließlich: „Darf ich auch kommen?“ – „Natürlich“, kam die Antwort von Lukas.

So kam es, dass ich am Abend bei Deus vor der Tür stand, meine beste Flasche Alkohol (Jägermeister, als Student darf man nicht zu abgehoben sein) in der Hand. Mit hohen Erwartungen betrat ich die Wohnung. Ich war natürlich der Erste. Also streifte ich durch Deus‘ Wohnung und sah mir die kleinen Veränderungen an, die meinen Adleraugen natürlich nicht verborgen geblieben waren. „Du hast jetzt Hue-Leuchten, oder?“, fragte ich und spielte darauf an, dass seit meinem letzten Besuch jegliche Form von Beleuchtung durch RGB-LEDs ausgetauscht worden war. Wir hielten beide einen Moment inne, als uns bewusst wurde, wie lange wir uns nicht mehr getroffen hatten. Das Klingeln erlöste uns aus diesem peinlichen Moment und ich freute mich darauf endlich jemanden aus der Gruppe, über die ich so viel gehört hatte, kennenzulernen. Natürlich kam Lukas und meine Aufregung war wieder vergebens. Wir fingen also an, uns Getränke zu mischen, die WiiU hochzufahren und uns einmal warm zu spielen. Gerade als wir überlegten, die erste Runde zu starten, geschah es. Die Klingel ertönte. Dies war mein großer Moment und Stochastik lehrte mir, diesmal lernst du jemanden Neues kennen. Es kamen zwei Freunde von Deus und Lukas, natürlich beide nicht Mitglieder der Gruppe, was mir aber nicht bewusst war. Ich verbrachte also die nächsten 30-60 Minuten beide kennenzulernen, natürlich sehr liebe Menschen, aber trotzdem wurde ich stutzig, als beide das Mädchen mit der Kurzhaarfrisur und die zugehörigen Memes nicht kannten. Ich fand mich also mit der Situation ab, hatte meinen Spaß bei Spiel und Trank, bis der Abend sich dem Ende entgegen neigte und es plötzlich an der Tür klingelte. Noch bevor der neue Gast da war, konnte man schon eine Welle positiver Energie und guter Laune spüren, die das Treppenhaus empor stieg. Lisa, eine kleine Berühmtheit des Zeitungsklubs und eine große des HPIs, kam schließlich die Treppe hoch. Zusätzlich hatte sie noch Geburtstag, wodurch der Abend sich zu einer Geburtstagparty entwickelte.

Käseland und Spaß geht auch zusammen!

Als der Abend endete hatte ich drei neue Bekanntschaften gemacht, von denen sich eine zu einer sehr guten Freundschaft entwickeln sollte. Die nächste Einladung zu solch einem Abend kam natürlich, wenn auch nicht direkt, da ich nicht in der entsprechenden Telegram-Gruppe war. Man könnte meinen, ich wäre verflucht, da ich immer der Letzte bin, der in Chatgruppen eingeladen wird bzw. komplett vergessen wird, eingeladen zu werden. An diesem Abend lernte ich tatsächlich zwei Zeitungsklubmitglieder kennen: Leo und Tobi. Man konnte direkt die Spannung der beiden Klubsprecher im Raum fühlen, die versuchten in einem freundschaftlichen Wettstreit eine Position als erster Klubsprecher zu festigen. Tobi lässt sich als Kuschelbär mit lustigem Bart beschreiben. Er ist von ruhigem Gemüt, für jeden Spaß zu haben und hat Interesse an eher ungewöhnlichen Themenbereichen wie Haskell, Zügen und natürlich der Straßenverkehrsordnung. Mir war direkt bewusst, dass ich mich mit ihm super verstehen würde und er der Hit mit Funfacts auf jedem Roadtrip sein würde. Leo hingegen wirkte von mir eingeschüchtert und zurückhaltend. Er machte den Eindruck des typischen Nerds, wie man ihn aus Superheldenfilmen kennt. Es hätte mich nicht gewundert, wenn er plötzlich aufgesprungen wäre, sich eine Maske über den Kopf ziehend und durchs Fenster flüchtend mit Spinnenweben werfend jemanden gerettet hätte. Plötzlich rief eine spitzköpfige Stimme durch den Raum: „KÄSELAND!“. Nach einer kurzen offensichtlichen Verwirrung wurde mir mitgeteilt, dass dies die unbeliebteste Karte von Joana, dem Mädchen mit der Kurzhaarfrisur, wäre. Alle versammelten sich vor der Leinwand, der Superheld des Zeitungsklubs wurde natürlich hochgehalten und ich hatte die Ehre das Foto zu machen. Natürlich bestand keine Möglichkeit für mich, das Bild in die Gruppe zu posten, ich war ja kein Teil davon. Am Ende des Abends, dank viel Druck meinerseits und ein paar genervter Gemüter, die es leid waren die Nachrichten immer kopieren und an mich senden zu müssen, wurde ich schließlich in die Gruppe aufgenommen.

Ich war nun das erste Mal ein vollwertiges Mitglied der Gruppe. Natürlich ging mein Eintreten an keinem Gruppenmitglied vorbei. Vor allem Joana, die ich bis dahin noch nicht kennen lernen durfte und von der ich so viel gehört hatte, über die so viele Memes entstanden waren und die als Einzige Adminrechte in der Gruppe hatte, wollte mich kennenlernen. Nach einem kurzen Chat war mir sofort bewusst, dass sie für immer die Position als erste Klubsprecherin gegenüber den Jungs haben würde. Joana verhielt sich vom Charakter her wie eine Katze. Wenn ich es näher beschreiben müsste, würde mir nur das Wort „Miau“ einfallen.

Das Semester begann und wir verhielten uns wie jede normale Freundesgruppe: Wir trafen uns zum Mittagessen, gingen ab und zu ins Kino und trafen uns natürlich abends, um Mario Kart zu spielen. Hier lernte ich auch noch eine weitere Person kennen, Moritz. Moritz ist bei allem dabei, für alles zu begeistern und hat das unglaubliche Talent bei Autofahrten komplett durchzuschlafen, unabhängig von Temperatur, Lautstärke und Fahrstil.

Moritz, Leo, Joana, Tobi, Jonas und Deus auf der Suche nach Frühstück

Es folgte eine Periode, die ich als das große Schweigen betiteln würde. Ich hatte erst die Vermutung, dass im Studentenwohnheim, wo natürlich alle residierten, Strom und Internet ausgefallen wären. Aber es kam viel schlimmer, als ich es mir je hätte vorstellen können. Alle arbeiteten am Hackathon. Hierbei handelte es sich um den Kulturhackathon „Coding da Vinci Ost“. Das Konzept dieses Hackathons ist etwas unüblich: Nach einem Kickoff-Meeting haben die Teilnehmer ein paar Wochen Zeit, ihre Ideen umzusetzen. Wie es sich für gute Studierende gehört, fing die Gruppe natürlich erst eine Woche vorher an. Ich sah also meine neu gewonnen Freunde praktisch gar nicht mehr und bekam nur noch eine liebe Nachricht: „Hey, magst du nicht helfen?“ Ich verbrachte also meinen Sonntag und die folgende Woche damit, mich mit Unity anzulegen. Gewonnen habe ich vielleicht am Ende, aber meinen seelischen Frieden hat Unity mir genommen. Nachdem also alle den Hackathon mehr oder weniger überlebt hatten und sich das Semester dem Ende neigte, hatte ich das zweifelhafte Vergnügen zusehen, wie es plötzlich ruhig in der Gruppe wurde und auf einmal pure Panik ausbrach. Das Layouten für die neue Ausgabe hatte begonnen. Die Nerven lagen blank und es wurden härtere Wörter genutzt, als sie gemeint waren. Als Außenstehender gab es für mich natürlich nur einen Entschluss: Ich will Teil dieses Wahnsinns sein, aber mehr als das Magazin nach außen tragen, sondern auch die Menschen und Geschichten dahinter. In dem Sinne: Hallo, mein Name ist Jonas und ich bin der neue Blogbeauftragte des Zeitungsklubs.

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