Das erste Mal Congress – das erste Mal Engeln

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Wie ist es so, das erste Mal auf einem Congress zu sein und direkt auch das erste Mal als Engel mit zu helfen? Dazu am besten noch eine Nacht durchgehend in Schichten als Engel zu arbeiten? Mein persönliche Antwort darauf: Anstregend! Aber auch sehr spannend, unterhaltsam und alles in allem eine tolle Erfahrung. Mein Fazit – kurz nach dem Ende, noch im Zug sitzend – schon mal vorweg: Ich will definitiv nächstes Jahr wieder.
Der 35c3 war der erste Congress, an dem ich teilgenommen habe. Ich hatte natürlich vorher schon mal was vom Chaos Communication Congress gehört, auch schon mal den ein oder anderen Talk online geschaut und ein bisschen was über Twitter mitverfolgt. Aber so wirklich konnte ich mir trotzdem nichts vorstellen. Vor allem die Atmosphäre kann man vermutlich nur selbst erleben und nicht beschreiben.
Auch wenn ich aufgrund der fehlenden Vorstellung auch keine wirklichen Erwartungen hatte, wurde ich positiv überrascht. Mein Gefühl zu Beginn des ersten Tages lässt sich mit „Überwältigung“ wohl am besten beschreiben. Ich hätte das Gelände insgesamt zunächst sehr viel kleiner erwartet. Spätestens am zweiten Tag war ich auf alle, die sich einen Roller, ein Longboard oder einen anderen fahrbaren Untersatz mitgebracht hatten, sehr neidisch. Heute am Ende des letzten Tages glühen mir förmlich die Füße.

Was mich außerdem überrascht hat, war die Vielfalt der von Teilnehmern selbstorganisierten Workshops. Mit spannenden Talks hatte ich gerechnet, aber nicht mit ebenso spannenden, teilweise auch kuriosen Workshops, wie Cider-, Bier- und Whiskey-Verkostungen oder Bondage-Workshops. Zu letzterem wollte ich gehen, um hier darüber berichten zu können, allerdings hat dieser Plan nicht ganz funktioniert, Näheres dazu später.
Desweiteren wäre es wohl ratsam gewesen, an den Weihnachtstagen zeitig ins Bett zu gehen, um ausgeschlafen anzukommen. Viel Schlaf habe ich die letzten Tage nämlich wirklich nicht abbekommen. Das rührt vor allem daher, dass ich als Engel, also freiwilliger Helfer, unterwegs war. Davon gab es außer mir noch über 2.000 andere und trotz der großen Anzahl hatten wir alle ordentlich zu tun.
Was dabei klug wäre: Seine Schichten gleichmäßig über die Zeit zu verteilen (und zwischendurch ausreichend zu schlafen). Was ich getan habe: Sechs Stunden (in je zwei Stunden Schichten) am zweiten Tag zu arbeiten und dazu in der Nacht von Tag 2 zu Tag 3 direkt auch noch sechs Stunden zu erledigen. Mag in der Theorie ziemlich anstrengend klingen – war es in der Praxis dann auch. Und so begann meine erste Engelschicht und damit mein “Engelmarathon”.

In meinen Tagesschichten war ich jeweils in verschiedenen Sälen als Hall Angel unterwegs und habe darauf geachtet, dass niemand an den Eingängen hinausgeht sondern die Ausgänge ordentlich benutzt werden, damit kein Stau entsteht. Außerdem durfte ich Rollerfahrer darauf hinweisen, ihre Gefährte in die “parking zone” am Rand zu stellen, damit diese im Falle eines Ernstfalls nicht die Wege blockieren. Das Ganze würde ich als einsteigerfreundlich beschreiben. Ich musste zwar durchgehend konzentriert bleiben und auf meine Umgebung achten, aber alles in allem war es doch relativ entspannt.
In meiner ersten Nachtschicht von 1 Uhr bis 3 Uhr war ich dann im Getränkelager eingesetzt und habe Paletten mit Getränkekisten durch die Gegend gefahren. Anschließend durfte ich mir eine halbe Stunde Schlaf gönnen, bevor es wieder losging. Diesmal zum Staubsaugen der Teppiche in den großen Hallen. Die Müdigkeit wuchs zwar, aber trotzdem waren alle Engel immer noch motiviert. Interessant war auch das Messegelände bis auf wenige Ausnahmen menschenleer zu sehen – ein ganz anderes Bild als tagsüber. Von 6 bis 8 Uhr übernahm ich dann noch eine Schicht als Standby Engel, was zum Glück sehr ruhig verlief. Ich musste nur einmal kurz mit anpacken und konnte ansonsten entspannt im Himmeln sitzen und warten. Was auch ganz gut war, denn zu diesem Zeitpunkt war ich schon sehr müde und ich muss auch gestehen, dass mir ab und zu die Augen zugefallen sind. Ich hatte halt den Fehler gemacht, vorher schon nicht ganz ausgeschlafen zu sein.
Danach konnte ich dann endlich schlafen. Allerdings fand um 10:30 Uhr der oben erwähnte Bondage-Workshop statt, über den ich schreiben wollte. Mein Wecker musste also um 10 schon wieder klingeln. Doch ich war so müde, dass ich ihn im Halbschlaf ausgeschalten oder ganz überhört habe (erinnern kann ich mich daran nicht) und so habe ich einfach weiter geschlafen.    

Nachdem ich dann irgendwann doch noch wach wurde, schaffte ich es sogar den neuen Tag über bis abends durchzuhalten – schließlich wollte ich auch möglichst wenig verpassen. Alles nach der Devise: Schlafen kann man später noch.
Aber die Anstrengung und der Schlafverzicht haben sich definitiv gelohnt: Zum einen weil es einfach eine schöne Erfahrung war und Spaß gemacht hat. Als Engel zu arbeiten ist anscheinend auch eine gute Möglichkeit, um neue Leute kennenzulernen. Jedenfalls ging es mir so. Zum anderen hatte ich nach diesem Marathon auch genug Engel-Shirt-Punkte. Das sind die als Engel absolvierten Stunden, wobei alles zwischen 2 und 8 Uhr doppelt zählt. Jeden Tag gibt es eine bestimmte Punktzahl, die von Tag zu Tag geringer wird und alle, die diese Zahl erreichen, können sich ein spezielles Engel-Shirt sichern. Am ersten Tag lag dieser Wert noch bei 40 Stunden, am letzten ist er dann auf 8 Stunden gesunken. Ich hatte die benötigte Punktzahl zum Glück erreicht, bevor meine Größe, die sehr begehrte M straight cut, vergriffen war. Desweiteren habe ich mir insgesamt zwei warme Mahlzeiten verdient, was auch nicht zu verachten war.
Den letzten Tag habe ich dann wiederum ohne Schichten und wieder einigermaßen ausgeschlafen genossen. Und auch wenn mir jetzt die Beine weh tun und ich gleich zurück zu Hause in mein Bett fallen werde, fühle ich mich gerade sehr glücklich und hatte 4 wundervolle Tage.

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